Dieses Gericht ist simpel und hochgenüsslich zugleich und reicht weit in meine Kindheit zurück - ich kann es beschreiben, aber besser du probierst es einfach selbst aus. Es wird immer mit Reis serviert und soweit ich mich erinnere, ist auch immer grünes, rohes Gemüse, Kräuter und/oder Salatgrün mit dabei. Wenn keine anderen Gerichte serviert werden (weil wir Kinder tags zuvor alles aufaßen) , umso mehr wird es mit zahlreichen Kräutern und einfachem Grün zelebriert und teils mit den Fingern Verbindung aufgenommen: ein Blättchen vom Koriander, eine Ecke vom Salat, da eine klitzekleine Ecke Gurke, ein Fitzelchen vom Chicorée, in feine Stückchen zerrissen, zerpflückt, zerlegt und abgelegt in die Schale mit Reis, Schälchen in der Hand, ein Stück Tofu-Tomatensoße aus der Mitte, mit dem Stäbchen in der anderen Hand, abgelegt im grünen Nest, in der Reisschale, die Lippen zart am Reisschälchenrand, das Portiönchen mittels Stäbchen aus der Schale in den Mund…

[12. Dezember 2017, 00:40 Uhr]

Kultureller Unterschied - mir fällt oft auf, dass meine Freunde mich fragen, was dieses und jenes Gericht sei, ohne dass Sie auch nur einen Happs genommen haben. Ich sage dann immer: probier’s! Erzählen kann ich’s dir auch später! Genau das macht den Unterschied. Es ist viel schöner, wenn du unvoreingenommen eine Portion in den Mund nimmst, deinen Sinnen folgst, dein Gaumen dir Geschichten erzählen lässt und alle anderen Sinne dich beflügeln.

In der vietnamesischen Küche gibt es keine Beilage und Hauptgerichte in dem Sinne. Vielmehr ist es so, dass wir mehrere Gerichte in der Mitte servieren und diese gemeinsam essen. Hier hat jeder eine Schale Reis in(!) der Hand und holt sich mitels Stäbchen eine(!) Portion aus der Mitte. Ab und zu nimmt sich jeder aus der gemeinsamen Schüssel einen Löffel Suppe auf direktem Wege in den Mund. In meinem anderen Blog kannst du mehr über unsere Ess-Etikette lesen.

Ich bin kein Tofu-Experte. Was ich aber sagen kann, dass ich ganz angetan bin von diesem regional produzierten Tofu. Hergestellt von der Tofu-Manufaktur nach einem vietnamesischen Familien-Rezept von Mama Lâm - und nein, wir sind weder verwandt noch verschwägert, zumindest wüsste ich das nicht ;)! Du kannst den Tofu im Asia-Shop in der Habsburgerstraße kaufen. Der Inhaber hat mir letztens erzählt, dass der Tofu erst kürzlich seine Bio-Zertifizierung bekommen hat.

Tofu kommt ursprünlich aus China und heißt auf vietnamsisch “Đậu Hũ” bzw. “Đậu Phụ” - je nach Region.

Soeben (gestern bzw. letzte Nacht) habe ich 10 Packungen, also 3,5kg Tofu verarbeitet. Den Tofu habe ich geöffnet und etwa 2h abtropfen lassen - in der Zwischenzeit ging ich mit Vincent kurz beim Italiener etwas essen… Daheim wieder angegekommen, überrascht mich die Note des Tofus. Er hat eine angenehme, leichte Sojamilchsäure mit einer süßen, dezenten buttrigen Note. Wow, dachte ich nur.

Tofu anbraten

Das hört sich einfach an. Ist es auch. Wenn man es weiß ;). Hätte ich doch Mama gefragt, nein, von ihr gleich zeigen lassen! Das Ziel ist es, dass es von außen leicht knusprig angebraten wird und abgekühlt er leicht angeschrumpelt einsackt. Brät man den Tofu zu lange, dann wird er zwar knusprig aber auch schnell hart und ist dann nicht mehr in der Lage andere Zutaten/Geschmäcker aufzunehmen - in dem Fall die Tomatensoße. Zum Glück habe ich noch eine kleine, eingefrorene Portion von Mama als Vergleich (siehe erstes Bild).

Und während des Bratens bemerke ich wieder die schöne, leichte Note der Soja-Milch(?)-Bohnensäure und einem Hauch an zartem Butteraroma. Betörend. Nachdem ich die 3.5kg Tofu angebraten und gut abgetropft habe, werde ich diesen morgen, Mittwoch, in der Tomatensauce weiterverarbeiten und mit Schnittlauch und anderen Zutaten abschmecken.

Tofuöl als Nebenprodukt

Hmmm… was macht man mit dem vielem Öl? In ein dunkles Glas abfüllen und wiederverwenden natürlich. Als Öl habe ich hochwertiges, bratfähiges Rapsöl verwendet, welches jetzt eine tolle, dezente Tofu-Note hat, mit dem ich rumexperimentieren und meine Gäste überraschen kann.

Und jetzt eine kleine Überraschung für diesen Donnerstag: nach Mama’s Rezept habe ich ein Chiliöl kreiert und abgewandelt, indem ich Tofuöl verwendet habe. Dazu habe ich frischen Knoblauch genommen, das Öl leicht(!) erhitzt, damit es nicht überbrutzelt, wenn ich den Knoblauch hinzufüge,…

… währenddessen rühre ich den feingehackten Knoblauch im Öl um, warte bis es eine goldbraune Färbung erhält… und jetzt muss es schnell gehen, damit der Knoblauch nicht anbrennt, den Topf zur Seite nehmen, abschließend das Chili-Pulver beifügen und abkühlen lassen!

Und wo ist da die Überraschung? Nun ja, ich werde diese in kleine Gläser abfüllen und wer mag darf eines mitnehmen. Okay, da was für einen guten Zweck ist, dürft ihr den Preis selber bestimmen und diese kommen zu 100% an zusammen leben e.V..

Geschmacksverstärker… Umami als fünften Geschmack, in dem Fall Knoblauch als natürlicher Geschmacksverstärker ist an sich schon toll. Wusstest du, dass Chili auch einen geschmacksverstärkenden Effekt hat? Dabei ist es wichtig, dass du nur die Schärfe nimmst, wie es dein Gaumen verträgst - und nicht mehr! Als Nebeneffekt öffnen sich deine Geschmacksknospen und … du schmeckst das Gericht, die einzelnen Zutaten und deren Abstimmung mehr raus! Probier’s aus! Iss z.B. eine Spaghetti Bolognese/Napoli, wiederhole das gleiche und füge ein bischen Chili bzw. Chiliöl hinzu. Achte auf die Zutaten! Du erkennst schnell den Unterschied. Das gleiche funktioniert auch, in dem du Parmesan oder Knoblauch hinzufügst (du weiß schon, Umami…). Diese haben aber auch eigene Note. Chili nicht. Und Chili hat noch mehr Vorteile… dazu ein andermal… ich schweife wiedermal ab ;).

2017-12-12 weiter gehts… die Tomatensoße

Zum Gericht selbst kann ich nicht mal sagen, ob es typisch vietnamesisch ist. Wahrscheinlich hat jedes Land - wie Thailand und Laos - in der Basis das gleiche Rezept. Die vietnamesisch-laotische Note erhält sie dadurch, dass normalerweise Fischsauce verwendet wird. Grundsätzlich bevorzuge ich Fischsauce als “fermentiertes-Umami-Würzmittel” gegenüber dem herkömmlichen Salz. Da ich aber das Gericht vegan zubereiten möchte, greife ich auf andere Mittel zurück: (wiedermal) Knoblauch (aber nicht zuviel davon) und Zwiebeln. Alternativ könnte ich auch Sojasauce verwenden. Aber hier finde ich, sollte jeder das für sich selbst abschmecken.

Abschmecken, Nachwürzen…. geht gaaar nicht! Hierzulande in Restaurants (und insbesondere in Sternelokalen) gilt das Abschmecken - außer der Verwendung von Salz - als Beleidigung der Küche… wobei in Japan das auch gilt bzw. die Verwendung des Kunden von viel Wasabi als Qualitätsmangel für die Fischqualität, dem Sushi und Sashimi gilt, da diese übertüncht. In beiden Fällen kann ich dem nur Beipflichten. Insbesondere wenn Gäste bei mir mein Essen mit Salz würzen, ohne es überhaupt probiert zu haben. Nein, sorry, not in my house! Not my guest anymore }:-)!

Abschmecken, Nachwürzen…. auf alle Fälle! Vietnams bekanntestes ‘Nationalgericht’ ist Phở, eine Reisnudelsuppe, die es in zig Variationen gibt und auf der ganzen Welt bei groß-klein-alt-jung-gourmet-Straßen-simplen-anspruchsvollen Menschen bekannt, beliebt, begehrt ist. Was aber nie, nicht besonders oder kaum erwähnt wird, ist der andere wichtige Teil: die persönliche Note, die jeder mittels Kräuter, Chili, Zitrone, Fischsauce, eingelegtem Gemüse, etc. seiner Phở-Suppe verleiht. Im Grunde ist die Phở-Suppe bzw. -Brühe eine “Basis-Suppe”, die mit Reisnudeln wird (auch hier gibt es Variationen bestehend aus Reis, Mungbohnen, Tapioka, oder ein Mischung dessen). In der Tischmitte stehen verschiedene Kräuter, Saucen, Salate und Gemüse zur Verfügung. Kannst du dir vorstellen, was für eine geschmackliche Entwicklung und Verbindung zum Essen man im Laufe der Jahre durchmacht? So haben wir und jedes vietnamesische Kind gelernt und eigene wunderbare Entdeckungen gemacht.

UPDATE 2017-12-14 - zum Thema ‘meine/deine’ abgeschmeckte Phở-Suppe. Es gibt ja den Begriff des Signature Dishes - also ein Gericht, dass die unverkennbare, kreative Handschrift des Küchenchefs trägt. Schön fand ich die Interpretation von Kris am Telefon gestern: ein Gericht für eine Person im Freundeskreis zu kreieren, dass die Person charakterisiert.

Insgesamt habe ich 7x800g + 6 x 400g Tomaten hinzugefügt. Also 8kg Tomatensoße. Vorher etwa eine Knolle Knoblauch, Zwiebeln und Schalotten zusammen 1.5kg angedünstet. Bei der Tomatensoße verwende ich normalerweiße eine selbst angesetzte Hühnerbrühe - in dem Fall ohne. Nachher werde ich es abschmecken und überlege mir, ob ich meine selbstgedörrte Gemüsebrühe beifüge.

Den Tofu füge ich erst später in die Tomatensoße hinzu - also morgen, Mittwoch. Abgeschmeckt wird es noch mit Schnittlauch. Normalerweise verwende ich hierfür Frühlingszwiebeln - aber das ist die falsche Jahreszeit dafür und ich möchte nur regionale Produkte verwenden. Unten siehst du die Tomatensoße zu Beginn und nach 4.5h köcheln. Hier muss ich oft am Herd vorbei und regelmäßig umrühren, damit nichts am Boden anbrennt. Wäre doch sehr schade…

Morgen geht’s weiter. Gute Nacht :).

Mr. T

[13. Dezember 2017, 00:45 Uhr]