Gut 2,5 Tage bzw. ca. 20 Stunden schnippeln, kochen und vor allem drehen, drehen, drehen und nochmals 70 Frühlings- und 70 Sommerrollen drehen. Es war mein erster öffentlicher Auftritt (sagt man das so?). Hier ein paar weitere Zahlen: nach 1h15m gingen 52 Portionen über den Tisch. Mich interessierte auch wieviel die Gäste bereit sind, für hochqualitatives Essen auszugeben. Es wurde praktisch nur regionale Bio-Produkte eingesetzt - bis auf die Zitronen, Reisblätter, den Ingwer und die Sojasauce. Durchschnittlich haben die Gäste 6,80 Euro für eine Portion bezahlt. Die Resonanz war erstklassig. Bessere Gäste und eine so tolle Umgebung wie das Strandcafé und den Kollegen hätte ich mir nicht vorstellen können! Tai still feels flashed :*… einerseits! Andererseits: tut es mir leid für alle nachkommenden Gäste, die leer ausgingen :(. Ich gelobe Besserung und werde für kommenden Donnerstag deutlich mehr kochen. Soviel sei verraten: es bleibt weiterhin vegan bzw. vegetarisch - je nachdem wer sich auf die Sake-Omletts einlässt :).

Zu Sake - dem japanischen Reiswein - noch eine kleine Anekdote: in einem Roman von einem kochenden Autor(?), schreibendem Koch(?), in dem es vom und über das Essen geht, blieb mir eines in Erinnerung: In Japan bedeutet Wein: “Wasser, das verrückt geworden ist”.

Auch interessant: eine Liste der 18 Städte mit den meisten Michelin-Sternen. Paris an dritter Stelle mit 134 Sternen und Tokyo? An erster Stelle mit 304 Sternen! Unabhängig davon, beide Länder gelten zu Recht als ganz große Kochnationen - insbesondere ihre Kochkunsttechnikfertigkeiten (sagt man das so?).

Knoblauch - vor allem frischer Knoblauch ist großartig. Hier kann man alles verarbeiten. Es wäre viel zu schade, die frische, weiche Außen-Schale (sagt ich jetzt mal so) wegzuwerfen. Folgendes ist zu beachten: das Holzende unten abschneiden, die Stielmitte ist manchmal holzig, das bemerkt man gleich beim anschneiden. Im meinem Fall war eins von den drei holzig - siehe Bild unten: hier habe ich den holzigen Teil vom Stiel entfernt und nebeneinander gelegt.

Waschen, legen, schneiden…

Vorab habe ich alles an Gemüse und Salat gewaschen. Nach dem Waschen des Radicchios bekam das Wasser eine rot-kastanienbraune Färbung. Das nächste Mal werde ich dieses “Abwasch”-Wasser wiederverwenden. Wiederverwerten… sollte man ohnehin. Das schont die Ressourcen.

Das erinnert mich daran, dass Mama mit dem Reis-Abwaschwasser einen fantastischen Kim-Chi macht! Das ist das Wasser, mit dem sie den Reis wäscht, bevor der Topf dann mit neuem, frischen Wasser aufgefüllt und dann in Reiskocher kommt. Diesem Reiswasser wird dann Salz für die Fermentierung hinzugefügt, anschlließend kommt dann feingeschnittener Weißkohl, Karotten, Frühlingszwiebeln und Ingwer hinein. Das Gemüse im Eimer lässt man einige Wochen fermentieren…

Radicchio ist auch deswegen toll, weil es den anregenden Bitterstoff Lactucopikrin enthält und roh verzehrt am besten wirkt. Bitterstoffe regen die Verdauung an und helfen gegen Heißhungerattacken auf Süßes. Sehr interessante Aussage in diesem Artikel: besonders Menschen mit einer Abneigung an Bitterstoffen mangelt es an dessem!

2kg Zwiebeln - ohne Worte!

Die Reisnudeln habe ich vorher über Nacht im kalten Wasser eingeweicht. Tags darauf abgesiebt - ich find’s lustig wie oft meine Freunde ein paar Nudeln aus dem Sieb nehmen und naschen, und ich sie darauf hinweise, dass es noch nicht gekocht ist ;). Anschließend koche ich Wasser, schalte den Herd aus (du weiß schon, Ressourcen…) und gebe die Nudeln hinzu. Nach 1min ist es dann fertig!

Apropos Ressourcen schonen

Es gibt so viele Möglichkeiten. Noch ein Beispiel: immer wenn ich ein Brathänchen zubereite, dann grille ich es und nach etwa der Hälfte der Zeit, nach ca. 25min, stelle ich den Ofen aus und lasse das Hähnchen in der Restwärme des Ofens ziehen.

Weiß du wie verschwenderisch wir mit unseren Rohstoffen umgehen? Wenn’s ums kochen geht, dann verwende ich praktisch alles. Das heißt beim Huhn verarbeite ich alles. Es gibt eine Bewegung bzw. einen Begriff dafür: “Nose-to-Tail-Cooking”. Und das bezieht sich nicht auf bei tierische, sondern auch auch planzliche Produkte.

UPDATE 2017-12-11 - der obige Artikel über die Leaf-To-Root-Bewegung… es lohnt sich mal wieder die Kommentare zu lesen. Hier ein Beispiel: Schade, dass die Homoeospacken es geschafft haben, die wirkstoffbasierende Naturmedizin durch ihren Budenzauber zu vereinnahmen. … In Asien gehoert es ausserdem zum guten Ton, dass man vom Gemuese moeglichst nix uebrig laesst. Spinat isst man hier z.B. mit den Wurzeln. Sellerie, Lettuce … dito. Und natuerlich kennt jeder Koch und jede Koechin die TCM-Implikationen der Zutaten. Es ist voellig normal, dass man sich beim Essen mit Freunden darueber unterhaelt, wofuer oder wogegen diese oder jene Zutat gerade gut sei. Da wird natuerlich auch viel Mittags-Latein gesponnen…

Ein Verschwendungs-Beispiel: immer wenn ich auf den Markt ein Huhn kaufe, ist gefühlt ein drittel an verwertbarem Material entfernt worden:

  • Das Fett in der Nähe des Bürzels und alle Innereien, dass am Huhn entfernt wird. Perverserweise kauft der Kunde ganz teuer z.B. den Schmalz vom Huhn, der Ganz, der Sau, in einer schönen Plastikdose, dass den Schein von “rein” und “hygienisch” wahrt, ohne dem Kunden den Ekel-Eindruck zu vermitteln, dass das von einem Tier stammt, geschweige daran Fleisch, Federn, Haut, Blut in der Nähe war. Sorry, jedem das seine, was man will oder mag, aber ich möchte diesen zarten, edlen Schmalz am Bürzel haben. Ich verarbeite es in der Suppe, im Ofen, schneide es raus und brate damit ganz leckere Sachen. Wer das nicht mag: darf’s gerne wegwerfen (oder es mir schenken). Aber diese Freiheit sollte für jeden gelten und Menschen wie mich nicht außen vor lassen!
  • Gemüse: die Wurzeln am Raddieschen, Spinat, ganz lecker, ich meine, hey! Das ist das Teil aus dem die Pflanze wächst, sich ernährt, denkst du was für die Pflanze gut ist, ist nicht gut für uns? Das Grün, der Strunk an den Karotten, am Fenchel, … sooo lecker. Das sind solche Entwicklungen in “unserer” Zivilisation, die mir zu denken geben und wir uns definitiv von unserer Natur entfernen…

Umami-Sommerrollen-Bombe

Umami ist bekannt als fünften Geschmack, nebst Süß, Sauer, Bitter, Salzig. Umami wurde offziell von einem japanische Chemiker im Jahr 1908/1909 “entdeckt”. Leider fand er auch heraus, dass man diese auch synthetisieren kann. Bekannt auch als MNG - Mononatriumglutamat :(. Oftmals verbindet man die asiatische Küche mit dem künstlichem Glutamat. Leider hat MNG die asiatische stark beeinflusst. Leider auch in der westlichen Welt in Form von Fertigprodukten nebst vielen weiteren künstlichen E-Stoffen. Habt ihr mal versucht einen Senf ohne E-Stoffe zu kaufen. Selbst “Premiummarken” verzichten nicht auf diese. Unsere Generationen davor arbeiteten mit den natürlichen Mitteln, um ein Gericht ihrer Note zu verleihen: mit Röstaromen wie das anbraten, “anschwärzen” von Zwiebeln, mit Fleisch mit Knochen, weil ein Knochen und deren Mark dem Braten oder einer Suppe den Geschmack verleihen, abrunden und verfeinern.

UPDATE 2017-12-11 Dank an Vincent, Kollege und Laborklugscheißer ;) am Institut für Makromolekulare Chemie: es heiß natürlich Mononatriumglutamat. Zu meiner Entschuldigung: ich bin wohl zu oft Englisch unterwegs. Da heißt es natürlich Monosodium Glutamate. Was soll ich sagen: Denglisch halt…

Umami findet sich in natürlicher Form in vielen Produkten wieder. Der gezielte Einsatz von Umami hat zudem den Vorteil, dass man ein geringeres Bedürfnis nach Salz und Zucker hat. Hier eine Liste an Produkten mit hohem Umami-Anteil. Dabei wird zwischen Basis- und synthetisierendem (also verstärkt wirkendem) Umami unterschieden. D.h. verwendet ein Basis-Umami und eine synthetisierenden Umami, dann addieren sich deren Geschmacksnote nicht, sondern multiplizieren sich.

Basis-Umami:

  • Tomaten, Winterkürbis
  • Mandeln, Walnüsse und anderer Baumnüsse
  • Seealgen und anderes Meeresgemüse
  • Knoblauch(!)
  • Gemüse
  • Käse (insbesondere gereiften Käse, Blauschimmelkäse und Parmesan)
  • Flossenfische, Fischsauce(!)

Synergierender/verstärkender Umami:

  • Pilze und Trüffel
  • Fleisch
  • Tunfisch, Lachs

Für die Sommerrolle entschied ich mich Champignons zu verwenden. Dazu habe ich Zwiebeln angedünstet, die Pilze mit Salz, Muskat und speziellem Pfeffer verfeinert, den ich im August 2017 aus Phú Quốc mitgebracht habe.

Welcher Pfeffer auch fantastisch ist, ist der rote, sogar leicht scharfe “Kampot Red Pepper” aus Kambodscha. Vorsicht vor den Kambodschanern - ich meine derem Chili ;). Der Chili, den man hier im Asia-Shop findet kommt von dort und ist super-scharf!

Phú Quốc ist die größte Insel Vietnams und liegt im Süden. Die Insel ist berühmt für ihre Fischsauce. Witzigerweise werben auch Hersteller aus anderen Ländern - wie z.B. Thailand - mit ihrer Fishsauce aus dieser Region. Dort habe ich auch eine ganz besondere Fischsaucen-Fabrik aufgespürt, aufgefunden und aufgrund meiner Hartnäkigkeit durfte ich diese auch besuchen. Es ist der einzige(!) Hersteller, der seine Fishsauce in Holzfässern 9 bis 12 Monate lagert.Ein Vergleich: in der Regel, d.h. alle anderen Hersteller benötigen 3 Monate, vom Fang bis zur Auslieferung, für die Herstellung einer Fishsauce. Ich sage euch: im Ton, der Färbung, Fermentierung und im Geschmack ist diese Fischsauce ein himmelweiter Unterschied.

Letzter Stand über den Hersteller: sie sind dabei, sich “koscher” zertifizieren zu lassen! In diesem Fall bedeutet, dass ausschließlich Sardellen (Anchovies) verwendet wird. “Fishsauce besteht doch nur aus Sardellen!”, höre ich da schon schreien. Ja, aber beim Fang findet sich im Netz zahlreiche andere Meerestiere. Bei einer koschen Fishsauce müssen diese Meeres- und Kleinsttiere aussortiert werden.

Karamelisierte Wirsing-FrüFrühlingsrollen

Für die Frühlingsrolle habe ich Wirsing karamelisiert. Dazu habe ich etwas Rapsöl genommen und Zucker hinzugefügt. Sobald diese flüssig-braun karamelisiert, füge ich die Zwiebeln und den Knoblauch hinzu. Vorsicht: flüssiger Zucker wird sehr heiß! Also Achtung vor den Spritzern.

So, und jetzt kommt der aufwendigste Teil: Frühllings- und Sommerrollen rollen :). Hier die Arbeitsschritte:

  • Reisblätter kurz in einer Schüssel lauwarmes Wasser eingetauchen und aufs Holzbrett Kollegen
  • erste Außenfüllung: ein Stück gekochten Weißkohl als erste Lage. Für eine Sommerrolle kann man auch ein Salat-Blatt verwenden. In beiden Fällen nimmt man ein Blatt für die erste Schicht. Der praktische Grund ist, dass die Füllung sich dadurch leichter eindrehen lässt.
  • Reisnudeln auf das Blatt
  • mittlere Füllung: karamelisierter Wirsing bzw die Pilzpfanne für die Sommerrolle
  • zweite Außenfüllung: Lauch bzw. Kräuter für die Sommerrolle

Mit dem Lauch als Außenfüllung für die Frühlingsrolle war ein Experiment bzw der gekochte Weißkohl war die Außenfüllung und an einer Stelle ist ein Streifen Lauch. Ich wollte schauen, ob ich den Lauch beim Fritieren kross hinbekomme. Doch es war nicht ganz einfach… wie ihr unten im Bild seht, sieht es gar nicht so schlecht aus. Doch bei der vordersten Frühlingsrolle links, ist die genau die Lauchstelle der Grund, warum sie sich durch die Reisblätter durchgebraten hat. Dadurch war die ganze Rolle etwas oder manchmal ganz aufgebrochen. Auf jeden Fall war der Lauch direkt dem Öl ausgesetzt und wurde schwarz.

Rohkostdip

Für den Rohkostdip habe ich folgendes verwendet:

  • Radicchio
  • Wirsing
  • Apfel
  • Ingwer
  • Berghonig
  • Zitronensaft
  • Olivenöl
  • Salz, Pfeffer

Die wunderschöne Roséfarbe kommt durch den Radicchio. Den Berghonig habe ich, während des Roadtrips mit meinem VW-Bus - aus dem Norden Portugals mitgebracht. Der Ort, Castro Laboreiro, befindet sich im bergigen Nordteil Portugals. Der Vorteil, dass der Ort so hoch liegt ist der, dass es da keine Landwirtschaft gibt. Sprich: es gibt keine Pestizide und daher bekommt man da wunderbaren, reinen und natürlichen Honig.

Das Auge ist mit und wer mich kennt, weiß das ;). So wie in diesem Versuch hat’s dann in der Hektik doch nicht geklappt. Aber ein Bild von der letzten Portion, die von der Theke ging, konnte ich doch noch machen. Die Frühlingsrollen habe ich mit dem Rohkostdip serviert. Die Sommerrollen habe ich mit Zitronensaft beträufeln.