Oder: Wie Hanh und Ky, Mama und Papa, aus Laos, über Thailand, nach Deutschland flüchteten und uns fünf Kindern zur vietnamesisch-laotisch-thailändisch-japanisch-französischen Küche führte. Essen ist wichtiger Bestandteil unseres Lebens, in allen Kulturen und in einer Familie. So auch und besonders bei uns, im Hause Truong. Essen, darüber reden, heiß und innig diskutieren, wie-was-in-welcher-Reihenfolge-gegessen-wird, welches von uns Kindern sein Süppchen besser abschmeckte. In diesen schönen Momenten, Erinnerungen entsteht jene verbindende, symbiotische Magie, jene energetische Ein-Zwietracht, vielfach, mannigfaltig, exponential. Unzählige Restaurants, samt ihren Straßen-Sterne-Präfixen und sonders ihre Gault Millau- und Michelin-Gütesiegel habe ich probiert, genossen, verflucht, vergessen… emotional, offen für neue Geschmäcker, weg von den Üblichen-beim-Italiener-Pizza-beim-Schweizer-Fondue-usw-usf-Gewohnheiten.

UPDATE 2017-11-30 - je öfter ich diesen Blog lese, desto mehr finde ich Komma-Satz-Plural-Singular-Tempi-Fehler. Hin-und-hergerissen zwischen deutsch-perfekter-vietnamesisch-spontaner-einfach-aus-mir sprudelnder Sprach-Schreib-Gedanken-Strom. Ich mag es authentisch und überlasse dir die Bewertung des Rohmaterials. Abschmecken darfst du selber ;).

Daher erkannte ich dann auf welchem Sternehimmel Mama’s Kochkünste sind. Oftmals erwische ich mich, wie ich nur sie erwähne. Papa kocht wenig, aber sein können, sein Geschmack und Feinsinn, beispielsweise in der Zubereitung der scharfen, warmen Salate - mal mit Fleisch, mal mit Fisch, mal vegetarisch, oft mit der Stinkepaste. Kurzum: seine Gerichte sind ein Geheimtipp und passend zu geselligen Abenden am Tisch und weit weg von üblichen Bier-mit-Chips-Nüssen-oder-anderen langweiligen Geschmacksverirrungen.

All diese Gerichte möchte ich hier festhalten! Diesen ersten und vielen folgenden Blogs sind besonders Mama und Papa gewidmet

Apropos symbiotisch…

Im Laufe der Jahre gingen meine Eltern genau das ein - auch aus praktischem Grund: Mutter’s Geruchs- und Geschmackssinn, ließ im Laufe der Jahre nach. Während und nach dem Kochen, oblag es Papa das Essen abzuschmecken. Und wehe ein Gericht wurde “vermurkst”! Wir fünf Kinder waren gnadenlos in unserer Kritik. Im Laufe vielzähliger Gerichte waren wir olfaktorisch und gustatorisch bestens konditioniert, welches Element zu welchem Gericht absolut obligatorisch, obsolet oder ohne auskam, wie jede Zutat, in Sachen Konsistenz, Ausgewogenheit, Geschmack aufeinander abgestimmt werden musste.


Ich hörte einst, ungefähr im Jahr 2000, von einem der ersten asiatischen Restaurants, das damals einen Michelin-Stern erhielt - das Saigon in Mannheim. Ein vietnamesiches Restaurant. Natürlich. Somit hatte ich einen Orientierungspunkt und Vergleichswert mit Mutter’s Küche. Alle Gerichte waren mir bekannt, für mich ganz normales, alltägliches Essen. Auf der Karte gab es Vorspeisen, vegetarische, Fleisch- und Fischgerichte als Hauptgang und Desserts, ausgewählte Weine - in der asiatischen Küchen passen leichte Weine oder eben Bier! Insgesamt in etwa 24 Gerichte. Kris und ich bestellten die Hälfte der Karte für uns alleine. Alles war perfekt-prätent-präsentiös! Aber… ich erkannte die Nuancen der Gerichte im Vergleich zu Mama’s, die Thịt bò nướng lá lốt im Vergleich zu Mama’s perfekten Fleischbällchen in Betelnblättern, die allzuzarte Note der Anissterne in der Phở-Reisnudelsuppe im Vergleich zu Mama’s (dabei verwendet sie höchstens 4 Anissterne auf 5 Liter Phở-Suppe), die schönen Präsentationen jedes Gerichts im Vergleich… zu Mama’s Handarbeit aller Gerichte…. Epilog: tags darauf gingen wir wieder hin und bestellten die die andere Hälfte der Karte. Und wider grüßt das Murmeltier. Und wieder kam dasselbe Ergebnis: Mama kocht halt am besten!


So sprich man Phở aus!

Apropos: Straßenrestaurants bzw. Neusprech “Streetfood”…

Hier, in Vietnam, wurde sie praktisch erfunden. Einen guten, kurzen Artikel dazu, hat mir vor ein paar Tagen eine Bekannte geschickt Zeit Online: Street-Food, Fünf Gänge to go. Sehr interessant fand ich die Kommentare. Zwei aufprallende Welten, asiatischer und westlicher Widerschein.

Apropos: Kontrast…

Hierzu habe ich dir netterweise ein animiertes, vietnamesisch-hektisch-typisches, augenkrebsfreundliches GIF eingefügt, wie Mutter, zwar nicht ganz so schnell, aber ziemlich flott Sommerrollen dreht ;). Noch ein Beispiel: es ist immer wieder für mich faszinierend, zu beobachten, wie unterschiedlich die europäische und asiatische Tisch- bzw. in Tai-Sprech: Ess-Etiketten sind ;). Dazu mehr in meinem anderen Beitrag über vietnamesische Ess-Etikette. Yin und Yang sind einerseits zwei konträre Elemente. Wie Feuer und Wasser. Gegensätzlich sind sie, wenn das Feuer über dem Wasser steht: es entsteht eine gefährliche, explosive Mischung. Abstoßend-verschiedenartiger können sie nicht sein. Andererseits: schafft man beide in Einklang zu bringen, Wasser über Feuer in Balance einander findend, ergibt eine starke, einander, fördernde Verbindung.


Eine Erinnerung aus Jugendtagen mit Mama Hanh. Sie erwähnte beiläufig, wie gut sich Huhn, Ingwer und die frischen Kräuter in der Suppe im Einklang von Yin und Yang befinden. Jahre später, nach dem Abitur, verbrachte ich einige Monate in den Staaten, in Denver, bei meiner Tante mütterlicherseits. Im Elternhaus hatten wir oftmals unser Essen mit einem Löffel in einer großen Schale ins Zimmer genommen, während wir am Computer zockten oder Intros hackten. Bei Tante Anne haben wir immer am Tisch, immer mit Stäbchen, mindestens zwei bis drei Gerichte - selbstverständlich in der Mitte des Tisches, dazu immer eine Suppe - selbstverständlich in der Mitte des Tisches, unabhängig von Jahreszeit (wenn ich in der Schweiz oder in Deutschland im Sommer nach einer Suppe frage, dann bekomme ich nicht selten, ungläubige Blicke :P)!

Anschließend gab es Jasmintee im Wohnzimmer - während wir Karaoke sangen. Kris, Gehirn, Genie, mein belgischer bester Freund, Kind im Manne, wissenschaftlicher Detail-Entdecker, geschärfte Sinne ungewöhnlich-alltäglicher Dinge, fasziniert von meiner Koch-Eigenheit: unvorstellbar, genial seine Begeisterung für den bloßen, dressingfreien Salat, die häufige Verwendung von Zitrone als “Gewürz”/Abstimmung von Suppen, der von Franzosen beeinflussten, karamelisierten-Schmor-Koch-Technik. Ein Gericht war süß, die anderen sauer, scharf, heiß, kalt, jenes weiß, gegenüber grün, dazwischen was rotes. Und alles zusammen… in wunderbar-harmonischer Balance.


Im Kern besteht die Yin-und-Yang-Philosophie der vietnamesischen Küche aus 5 Elementen: Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser. Diese fünf Elemente finden sich in Form von fünf Farben, Sinnen, Gewürzen und Nährstoffen wieder:

  • Fünf Farben/ Elemente: grünes für Holz, rotes für Feuer, gelbes für Erde, weißes für Metall, schwarzes für Wasser
  • Fünf Gewürze: Sauer für Holz, Bitter für Feuer, Süßes für Erde, Gewürze für Metall, Salziges für Wasser
  • Fünf Zustände: Heiß, Warm, Neutral, Erfrischend, Kalt
  • Fünf Sinne … und
  • Fünf Nährstoffe…

… mehr dazu zum Beispiel hier:

Das Thema werde ich in Zukunft noch genauer in Augenschein nehmen.

Mr. T